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rachirocohen

2. Beitrag - Arbeiten auf dem Land


Kia Ora und willkommen zurück zu meinem Block aus Neuseeland.


Wie gesagt begann meine Reise in Auckland. Das Hostel war für eine Woche gebucht. Nach meinem Tag auf Rangitoto Island und einem weiteren im Zoo hatte ich meine Einführungsveranstaltung von der Organisation aus. Das Bankonto wurde eröffnet und die Steueridentifikationsnummer beantragt. Abends war ich noch auf Mt. Eden einem Hügel in Auckland und einer der alten Vulkankrater, da Auckland auf mehreren erloschenen Vulkanen liegt. Aus diesem Grund sind um und in der Stadt verteilt grüne Hügel zu sehen, der größte stellt Rangitoto Island selbst dar.


Ich suchte nach Wegen eine Unterkunft nach den sieben Tagen im Hostel zu finden, doch das stellte sich etwas knifflig heraus. Denn es war nun einmal Anfang Dezember und somit Vorweihnachtszeit ebenso wie baldiger Ferienbeginn in Neuseeland, Hostels waren dementsprechend rar oder überteuert. Deshalb schrieb ich ein paar Wwoofing Plätzen (=World Wide Opportunities on Organic Farms, eine Arbeit auf kleinen Farmen gegen Kosten und Logie) um eine Unterkunft für die nächsten Wochen zu haben.


Am Dienstag Morgen schrieb mir eine der angefragten Leute zurück und nach einem kurzen Telefonat war klar, ich reise zu ihr. Überglücklich etwas gefunden zu haben packte ich meine Sachen bevor ich am nächsten Tag auschecken musste.


Die öffentlichen Verkehrsmittel sind in Neuseeland fast nicht existent, aber es gibt einen Intercitybus der die größeren und kleineren Städte verbindet.

Nach dem Frühstück ging es für mich somit mit meinem viel zu schweren Gepäck, jedoch zum Glück bergab, zum Busbahnhof. Der Bus fuhr über drei Stunden Richtung Norden ins sogenannte „Northland“ bis nach Kerikeri, wo ich von meiner Gastfamilie abgeholt wurde.


Bascha und Beat sprachen sogar deutsch, da Beat in Deutschland aufgewachsen ist und Bascha für ein paar Jahre dort lebte. Ihr Sohn Lars war auch dabei, ebenso wie Robin ein anderer deutscher Wwoofer der ein paar Tage eher ankam.

Wie fuhren im Anschluss noch zum Supermarkt, weil ich bei ihnen leider kein Essen für meine Arbeit kriege, deshalb aber auch nur vier Stunden täglich arbeiten muss. Wir kamen Abends bei ihnen an, wirklich mitten im Nirgendwo, gerade noch etwas Empfang mit meinem Telefonanbieter, Robin hatte es da schon schlimmer getroffen so ganz ohne Netz. Die Unterkunft war ein Haus abseits von dem Haupthaus, dafür hatte man dort seine Ruhe und ich schlief überglücklich in einem Zimmer nur für mich ein.


Die ersten Tage waren leider sehr verregnet und unsere Hauptaufgabe lag darin morgens um 8 einmal die Küken und die kleinen Enten zu füttern, sowie die Enten in ihren Laufstall zu bringen. Das gleiche nochmal Mittags, zusätzlich wurden noch die anderen Hühner gefüttert und ab und zu auch die zwei Schweine Goldy (rechts) und der fast blinde Porky (links).

Weiter Aufgaben waren das Heckeschneiden der viel zu langen Einfahrt, im Greenhouse Unkraut zu Jäten, den Entenstall sauber zu machen, tägliches Eiereinsammeln oder sauber machen vom angelegten Campground. Wir kümmerten uns auch um Hansi den Opa der in seinen jungen Jahren nach Neuseeland ausgewandert ist und englisch somit besser versteht als deutsch. Da wir so abseits lebten kam man nirgends wirklich hin ohne Auto und wir waren auf Bascha und Beat angewiesen, wenn sie mal in die Stadt fuhren. Internet gab es so gut wie gar nicht, nur über den Hotspot von Beats Handy, doch bei mehr als drei Leuten die sich daran bedienten wurde es kritisch mit der Verbindung. Wenn man wenigstens irgendwo hätte hinfahren können… Naja so genoss ich die Ruhe, las etwas oder war draußen. Eine Herausforderung wurde das ganze erst für mich als ich mein online Bewerbungsgespräch hatte. Meine Hoffnung war nur, dass mein Hotspot für eine einstündige Videoübertragung ausreicht und das Wetter gut genug ist, denn sonst bringt selbst der beste Anbieter nichts. Das ganze klappte erstaunlicherweise viel besser als erwartet und ich war über den guten Ablauf mehr als froh.

Nachts klopfte es dann an meinem Fenster was mich etwas verwunderte und als ich den Vorhang beiseite schob stand dort ein Polizist und fragte mich ob ich den Notruf gewählt hatte. Ich, sehr verwirrt, verneinte und da fuhren sie auch schon weiter. Der Grund für sein Klopfen: Hausnummern gibt es hier nicht, nur am Briefkasten, doch der stand zusammen mit sechs anderen ein paar Kilometer entfernt am Eingang der Straße. Häuser zu identifizieren stellte sich somit etwas schwierig heraus.


Tags drauf war was Besonderes geplant. Die vier kleinen Ducklings, wie sie genannt wurden,

waren groß genug um aus ihrem kleinen Entenstall befreit zu werden und sie frei zu lassen, damit sie sich auf dem ganzen Gelände bewegen können. Die drei weißen Entchen bekamen verschiedenfarbige Kabelbinder um die Beine damit sie auseinander gehalten werden konnten.


Getauft wurden sie Tick, Trick und Track oder auf englisch Huey, Dewey und Louie und unsere (hoffentlich eine) Dame in braun nannten wir Daisy. Für die kleinen war das natürlich super aufregend doch sie fanden es doch sehr cool so viel Gras zum fressen zu haben. Eine unerfreuliche Geschichte hatte das ganze leider doch an sich.

Als wir die kleinen laufen ließen dauerte es nicht lange bis die vier erwachsenen Enten vorbeischauten und der Oberboss Tender Drake hinter ihnen herjagte. Genauer gesagt hinter unserem Mädchen Daisy und sie, nun ja… ihr wisst schon… Meine arme kleine,… sie war doch noch so unschuldig… Etwas verwirrt blieb sie zurück und es dauerte bis sie sich wieder normal verhielt.


Später an dem Tag fuhren wir mit Bascha und Beat nach Opua weil Robin ein Auto gefunden hatte, das er kaufen wollte. Danach sind wir mit den ehemaligen Besitzern noch Essen gegangen und waren überglücklich endlich ein Auto zu haben und flexibel zu sein.

Das nutzen wir die nächsten Tage gleich mal aus. Wir waren an der Matauri Bay schwimmen oder sind nach Kerikeri und Waipapa gefahren um Sachen für unsere Weiterreise zu kaufen, wie Gasherd, Töpfe oder Luftmatratzen.


Eines Tages mussten wir noch eines der Hühner einfangen da es eine geschwollene Stelle am Bauch hatte. Wir versuchten das arme Ding zu "operieren" und die Flüssigkeit abzusaugen. Auch mal eine Erfahrung...


Am 20.12. haben wir nachts eine kleine „Nachtwanderung“ gemacht und sind runter zum Campground. Man hat unglaublich viele Sterne gesehen und brauchte eigentlich garkeine Taschenlampe um die Umgebung zu erkennen. Wir hockten uns unten auf die Wiese doch leider entdeckten wir keine Tiere. Im Anschluss sind wir in den Wald doch auch dort haben wir außer eine Spinne nichts entdeckt. Leicht enttäuscht machten wir uns auf den Rückweg als wir Tierlaute hörten. Wir hielten die Taschenlampe drauf und scheuchten eine Gruppe Opossums auf, welche gerade ihren nächtlichen Ausflug unternahm.

In einem Baum sah man nur die grünen Augen die das Licht reflektierten. Als wir näher kamen entdeckten wir eine Mutter mit einem Baby auf dem Rücken. In einem niedrigen Busch ein paar Meter entfernt saß ein anderes Opossum auf Augenhöhe und man konnte es in Ruhe beobachten, weil sie sich sozusagen totstellten und sich nicht bewegten in der Hoffnung unentdeckt zu bleiben. Auf dem Rückweg entdeckten wir bei dem kleinen Bach auf dem Grundstück bläuliche Punkte die leuchteten. Leider konnten wir nicht nahe genug heran doch ich bin mir ziemlich sicher, dass das die berüchtigten Glowworms waren. Zurück beim Haus lief uns noch ein Igel über den Weg und eine weitere Gruppe Opossums die wir noch eine Weile beobachteten bis es Zeit zum Schlafen war.


Sooo der 22.12 war der verrückteste Tag von allen. Olivia, die Tochter, war Tags zuvor angekommen und als sie mit ihren Eltern unterwegs war kamen sie mit zwei Küken zurück die von ihrer Mutter verstoßen wurden. Somit war das erste morgens die kleinen zu füttern, vor allem weil das kleine braune gar nichts zu sich nehmen und immer nur schlafen wollte. Kein gutes Zeichen… Olivia schaffte es ihm irgendwann einen Wurm zu geben den er hastig verschlang. Im Anschluss war arbeiten angesagt, diesmal unten am Campground. Die Männer waren schon fleißig am Rasenmähen weshalb ich mir die Hütte vornahm und versuchte die Millionen Spinnenweben zu entfernen, weil gefühlt seit Jahrzehnten dort keiner mehr sauber gemacht hatte. Zur Mittagszeit wollte ich eine kleine Pause machen und bin nach draußen zu den Bänken. Robin kam zu mir und fragte ob Beat schon bei mir war. Ich verneinte und manche von euch ahnen schon welche Story jetzt kommt. Er erzählte mir: „Wir haben übrigens nur noch ein Schwein.“ „Wie, was ist passiert?“ Naja also die Story ist zugleich tragisch als auch so verrückt, dass sie wieder zum schreien ist. - Zuvor sollte noch erwähnt werden, dass alle Tiere sich frei auf dem Grundstück bewegen können und es noch nicht einmal einen Zaun gibt der es von anderen Grundstücken trennt. Der Schweinebauer von nebenan hat schon angedroht wenn das Schwein (Goldy) noch einmal zu ihm kommt, weil sie die anderen Schweine gerochen hatte und neugierig wurde, dann wird er sie erschießen. Das mal dazu. Wir verbrachten unsere Nachmittage damit auf die Schweine aufzupassen, dass sie nicht zu weit weg laufen. Ein Zaun wäre bei weitem einfacher gewesen aber was solls den gab es halt nicht. - Zurück zur Geschichte. Folgendes hatte sich abgespielt:

Beat war auf der Suche nach Goldy und entdeckte sie wie sie gerade durch ein Loch im Weidenzaun des Nachbarn schlüpfte und auf die Kuhweide gelangte. Er rief sie zu sich her doch die Gute war einfach zu fasziniert von den großen, vierbeinigen Jungbullen. Sie lief auf sie zu, Beat versuchte sie davon abzuhalten, doch das brachte nichts. Die Bullen fanden das alles überhaupt nicht toll und waren bei weitem nicht so erfreut über die neue Bekanntschaft. Goldy ist nun zu einem der Bullen gelaufen. Dieser trat nach ihr, so fest, dass das 200kg Kunekune Schwein umgekickt wurde, den Grashügel hinunterrollte und schließlich in den Fluss plumpste. Der arme Beat musste das alles mit ansehen und wollte ihr hinterher, hatte jedoch zu großen Respekt vor den Bullen. Er ist schließlich über die Brücke auf die andere Seite des Flusses und zu Goldy ins Wasser. Die ließ aber nur noch zwei Grunzer von sich und schied davon.


Beat kam im Anschluss zu uns weil wir ihm helfen sollten das Schwein aus dem Fluss zu holen. Wir liefen den Fluss entlang und fanden sie ein paar hundert Meter Flussabwärts wo Beat zu ihr ins Wasser stieg und sie an einem Seil wieder nach oben zog. Er brachte sie zu einem Hang von dort aus es am einfachsten war sie aus dem Fluss zu ziehen. Robin holte das Auto, mittlerweile war auch Bascha dort und heulte die ganze Zeit. Kurz darauf traf auch Olivia ein die ihre aufgelöste Mutter tröstete. Die zwei Männer und ich versuchten Goldy den Abhang hinauf zu ziehen, doch auf halbem Weg riss das Seil und sie flog mit einem dicken Platscher zurück in den Fluss. Wir befestigten erneut ein besseres Seil an ihr doch in den paar Minuten hatte ein fetter Aal Goldy schon begutachtet und knabberte etwas an ihrem Kopf.. baaaaah. Das zweite Seil stellte sich zuverlässiger heraus und wir schafften es sie bis zu einem Vorsprung zu ziehen. Dann befestigten wir noch ein zweites, somit zog an dem einen das Auto und an dem anderen Robin, Olivia, Bascha und ich. Trotz der Unterstützung des Autos und der Tatsache dass wir zu viert waren war das, Achtung Wortwitz, Sau schwer. Endlich hatten wir sie oben und legten sie dort ab wo sie halb unter einem Busch vorerst liegen blieb.


Bascha wollte das Schwein unbedingt begraben, das Fleisch der Kunekuneschweine kann man leider nicht essen, weshalb wir nach einer geeigneten Stelle suchten. Oben vor deren Haus fanden wir einen guten Platz und somit begannen Robin und ich das Grab auszuheben.


Wenn mir jemand gesagt hätte, ich würde in Neuseeland Gräber buddeln hätte ich das nicht geglaubt. Nach einer Mittagspause fuhren wir das Schwein mit einem Anhänger von unten bis nach oben zum Haus und brachten sie zu ihrer letzten Ruhestätte. (Goldy sieht man hier auf dem grünen Anhänger liegen)


Sie plumpste super easy in das Loch, weil die Leichenstarre schon eingesetzt hatte. – sorry für diese unangenehmen Details aber ich muss euch das einfach mitteilen – Wir deckten sie mit einer Plane vorerst zu um dann zusammen mit allen eine Beerdigung abzuhalten.


Am 23.12. fuhren Robin und ich zur Ngawha Geothermal Power Station. Dort hatte ich einen Termin mit einem Angestellten um mehr über die Anlage und Stromerzeugung zu erfahren, alles für meinen Ernergie-Reporter Bericht. Ja ich bin nebenbei noch Reporter für die Stiftung Energie und Klimaschutz. Dort könnt ihr gerne mal vorbei schauen wenn ihr wollt. Link: https://www.energie-klimaschutz.de/projekte/energie-reporter/ Insgesamt sind sechs Beiträge geplant die ungefähr im Abstand von vier Wochen hochgeladen werden.


Der Weihnachtstag war mal was ganz anderes als die letzten Jahre. Nachdem die Hühner und Enten gefüttert waren gingen wir zu den anderen runter und hielten zusammen mit Hansi die Schweinebeerdigung für Goldy ab.

Mit Blumenstrauß, einem hübschen Schal fürs Grab und einem Lied, sowie Porky der nebenan seinen Obstsalat genüsslich verschmauste verabschiedeten wir uns von der treuen aber etwas zu neugierigen Sau. Lustigerweise haben genau in dem Moment auch noch die kleinen Ducklings vorbei geschaut. Als wir damit fertig waren konnten wir eeeeendlich Erde über das Tier schaufeln, worum sich schon unzählige Mücken versammelt hatten. Im Anschluss putzen wir unten weiter den Campground und Nachmittags begannen wir zu dritt Robin, Bascha und ich das Essen vorzubereiten: Lamm und Ofengemüse. Es kamen noch Chris und Jeremy ihr Sohn zu Besuch. Chris hat vor einer Woche hier mit ihrer Tochter Ferien gemacht. Nach dem sehr guten Essen zeigte Jeremy, Robin und mir wie man Ngoni spielt. Das ist eine afrikanische Laute die er selbst gebaut hat, weil er Instrument Bauer ist. War einfacher als erwartet und jeder von uns bekam schöne Melodien zu stande. So ging unser letzter Tag bei Bascha und Beat zu Ende.


Danke für eure Zeit und Interesse, vielleicht konnte ich euch den Tag etwas versüßen oder verrückte Kopfkinos etablieren je nach dem wie man es nun sehen mag. Ich arbeite schon am nächsten Bericht und hoffe der kommt nun etwas schneller als dieser hier!


Also bis zum nächsten Mal,


Bye bye,

eure Rachel

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